Ken Wilber

Das wahre, schöne, gute

Geist und Kultur im 3. Jahrtausend

Richard Brusa
Ken Wilber - Das Wahre, Schöne, Gute

 

Ein paar interessante und inspirierende Textstellen:

 

Niemand wird in Frage stellen wollen, dass der Liberalismus sehr viel Gutes bewirkt hat. Die Kehrseite war allerdings, dass nur allzu oft religiöse Tyrannei schlicht durch ökonomische Tyrannei ersetzt wurde und der Gott des allmächtigen Geldes an die Stelle des Gottes des Papstes trat…………Und so konnte es mitten im wirtschaftlichen Überfluss geschehen, dass die Seele langsam verhungerte.    (S.18)

 

Meditation und Kontemplation sind das Paradigma, das Musterbeispiel, die konkrete Praxis, auf der alle theoretischen Erwägungen ruhen müssen. Der Gott im Inneren, nicht der äussere Gott ist das Ziel.   (S.36)

                                                                  

 

Und wer weiss – vielleicht gelangen wir, Sie und ich, in den oberen Regionen des Spektrums des Bewusstseins zu einer unmittelbaren Intuition des Geistes, eines ewigen GEISTES, der in jedem Ich und jedem Wir und jedem Es leuchtet, eines GEISTES, der im Regen singt und im Wind tanzt, eines GEISTES, von dem zu sprechen immer aufrichtigste Verehrung ist, eines GEISTES, der mit unserer Zunge spricht und aus unseren Augen blickt, der mit diesen Händen berührt und mit dieser Stimme ruft, der uns seit jeher liebevoll ins Ohr flüstert: Vergiss niemals das Wahre, vergiss niemals das Schöne, und vergiss niemals das Gute.

Die integrale Vision ist der moderne und postmoderne Versuch, ebendieses Versprechen einzulösen.   (S.73)

                                                                                                                                              

 

Das Ziel des „integralen Ansatzes“ ist daher die sinnvolle Verbindung von alter Weisheit mit modernem Wissen.   (S.75)

 

Man könnte also sagen, dass der moderne Westen heute erst drei Fünftel der grossen Holarchie des Seins anerkannt hat. Die Aufgabe besteht also heute ganz einfach darin, auch die restlichen beiden Fünftel, Seele und GEIST, wieder einzuführen.   

Die Zusammenführung alter Weisheit mit modernen Erkenntnissen ist daher das grosse Ziel der integralen Sichtweise, ein Leitstern in der postmodernen Ödnis.    (S.91)              

                                                                                                                                       

 

Wir suchen den GEIST in der Welt der Zeit –

aber der GEIST ist zeitlos und kann dort nicht gefunden werden.

Wir suchen den GEIST in in der Welt des Raums –

aber der GEIST ist raumlos und kann dort nicht gefunden werden.

Wir suchen den GEIST in diesem oder jenem Objekt, das glänzt und gleisst und uns Ruhm und Vermögen verheisst –

aber der GEIST ist kein Ding, und wir können ihn nicht in der Welt des Handelns und der Händel sehen oder ergreifen.   (S.99)

 

Der nachdenklichere Teil der Menschheit sah zu allen Zeiten in der Philosophia perennis einen harmonisierenden und stabilisierenden Einfluss, eine Konstante in einer Welt des Wandels. Deshalb tun wir in unserer schnelllebigen Zeit der ungewissen Veränderungen erst recht gut daran, den Blick auf alte Weisheit zu richten, um dort nach einem sicheren Boden und Führung Ausschau zu halten, weil diese immer den Anspruch hatte, zeitlose und ewige Wahrheiten jenseits des Aufruhrs und der Wirren von Raum und Zeit zu verkünden……Die Philosphia perennis ist als das Gegenmittel gekommen, als Balsam für die ermattete Seele, gerüstet für die Stunde der grossen Erlösung.

Wenn wir zunächst einmal die „alte Weisheit“ als Philosophia perennis bezeichnen, dann kann damit nur eines gemeint sein, nämlich diejenigen Wahrheiten – oder vielmehr diejenige Wahrheit - , die radikal zeitlos und ewig, einig und ganz, einzig und allumfassend ist. Diese im weitesten Sinne als die höchste Wirklichkeit oder der GEIST selbst verstandene Wahrheit ist der Kern der Philosophia perennis.   (S.102)

 

Die grösseren und angemesseneren Formen der ALTEN WEISHEIT werden morgen auftreten, und morgen und übermorgen wiederum, wie es in der Vergangenheit immer der Fall war.

Dies bedeutet natürlich nicht, dass man heute auf die künftige Evolution warten muss, um Transzendenz zu erlangen. Jedem Menschen steht es heute wie in der Vergangenheit völlig frei, über kontemplativ-meditative Praktiken individuell nach Transzendenz zu streben. Weil die absolute Wahrheit formlos ist, braucht sie weder auf die Ankunft künftiger Formen zu warten, noch den Verlust früherer Formen zu beklagen……Die absolute Wahrheit ist immer nur in der zeitlosen Gegenwart ganz und vollständig verfügbar. Es ist einfach so, dass mit der fortschreitenden Entwicklung und Evolution des Bewusstseins als Ganzem, die sich heute weltweit vollzieht, auch ein globales Bewusstsein (das jede geistige Enge überwindet) immer einfacher, offensichtlicher, interessanter und dadurch, wie ich glaube, auch wahrscheinlicher wird.    (S.111)

 

Was wäre, wenn es uns irgendwie gelingen könnte, alles in der ganzen Welt als etwas ausserordentlich Schönes, als ein auserlesenes Stück grosser Kunst zu sehen? Was wäre, wenn wir jetzt, in diesem Augenblick, alle Dinge und Ereignisse ohne Ausnahme als Gegenstand ausserordentlicher Schönheit erkennen könnten?   (S. 207) 

                                                                                                                     

Wenn man im Auge des GEISTES bleibt, ist jedes Objekt ein Objekt strahlender Schönheit. Wenn die Tore der Wahrnehmung aufgestossen sind, ist der ganze Kósmos dein verlorener und wiedergefundener Geliebter, das ursprüngliche Antlitz der ursprünglichen Schönheit, von Anbeginn und in alle Ewigkeit.      (S.209)